Erlebnisbericht vom 6-Stunden-Lauf in Heerde (NL) am 28.12.2002

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Der lange Weg zum Lauf

Irgendwie war alles etwas chaotisch. Schon der Anfang. Die Saison ist doch schon lange vorbei. Monschau und Berlin als Höhepunkt, jetzt nur noch ein paar Läufe zum Spaß: Siebengebirge, ATG-Winterlauf und der Aachener Sylvesterlauf. Alle frühzeitig angemeldet, nichts mit Chaos.

Da kommt eine Mail von Angelika: "Ich kann wegen einer kleinen Verletzung am Wochenende nicht laufen. Statt dessen laufe ich am 28. Dezember in Heerde (NL) den 6-Stunden-Lauf." "Na, prima", denke ich, "da habe ich Urlaub, da kann ich doch mitlaufen."

Angelika Roedder
Angelika

Also, gesagt getan, mit Angelika die Mitfahrgelegenheit geklärt und per Mail angemeldet. Wie immer ist der nächste Lauf der Wichtigste, also bis zum 3. Advent nicht viel an Heerde gedacht. Erst danach wurde mir langsam klar, worauf ich mich da einließ. Sechs Stunden bin ich noch nie gelaufen. Kann ich das überhaupt? Muß man sich da irgendwie vorbereiten.

Naja, jetzt ist's eh schon zu spät. Wie schnell kann man 6 Stunden lang laufen?

Es kam Weihnachten und andere Gedanken. Doch während der Weihnachtstage habe ich mir schon die Sachen zusammen gelegt. Zwei Paar Laufschuhe, halblange und lange Laufsachen, Handschuhe, ein PowerBar zur Stärkung beim Lauf, eine Falsche Apfelsaft,... Der Berg wurde immer größer. Am Tag vor dem Lauf wollte ich zu meiner Mutter nach Krefeld fahren, dann am Tag des Laufes weiter nach Erkrath zu Angelika. Um nicht zu lange auf Busse und Straßenbahnen warten zu müssen sollte auch mein Faltrad wieder mal zum Einsatz kommen.

Kurz vor der Abfahrt kommt die Hiobs-Botschaft: Angelikas Auto ist kaputt, sie fährt und läuft nicht. Und nun? Alleine fahren oder absagen?

Ein Plan von Holland - Wo liegt Heerde? Gibt's da einen Bahnhof? Zwolle liegt in der Nähe, ca. 12 km entfernt. Wenn ich um 8 Uhr in Krefeld abfahre bin ich um kurz nach 11 in Zwolle, um 13 Uhr ist der Lauf. Das paßt schon.

Also erst mal nach Krefeld. Ganz schlecht geschlafen. Soll ich wirklich?

Mit dem Fahrrad zum Bahnhof. Wo bekommt man da eine Karte nach Zwolle?

Der Kartenschalter ist noch unbesetzt, die Automaten kennen nur den VRR und Deutschland. Also ohne Karte nach Duisburg. Schaffner kam keiner, also in Duisburg an den Schalter. Dort bekomme ich noch mal die Zugverbindung und das Ticket.

Ab in den ICE. Nicht so einfach, mit 2 Taschen und dem Rad. Platz gefunden, Musik auf's Ohr und ein Buch in die Hand. Jetzt relaxen bis Arnheim. Dort umsteigen nach Zwolle. In Holland gibt's mehr Schaffner.

Einem fällt auf, dass ich im falschen Zug sitze. Im falschen Zug? Ich will doch nach Zwolle, und der Zug auch. Ja, aber mein Ticket geht nach Amsterdam. Wenn man nicht alles selber macht. Wieso geht das Ticket nach Amsterdam, wo doch die Zugverbindung nach Zwolle geht? Egal.

In Zwolle fix raus aus dem etwas verspäteten Zug. Heerde liegt im Süden, also nehme ich den Südausgang und radle erst mal los. Unterwegs frage ich einen anderen Radfahrer nach dem Weg. 12 km hält er für zu wenig, 15 würden es schon sein. Auch egal. Erst mal muß ich zur Brücke über die IJssel (ja, das J muss gross sein). Das sind schon zwei Kilometer Umweg.

Danach geht's immer geradeaus. Lieber schneller fahren und frühzeitig kaputt sein oder langsamer und zu spät kommen? Lieber etwas schneller. Soweit das geht. Die Tasche auf dem Gepäckträger blockiert meinen Fuß etwas. Der Sattel ist zu niedrig, um die Beine durchzudrücken. Die zweite Tasche über der Schulter erhöht den Komfort auch nicht.

Endlich bin ich in Heerde, es ist schon nach 12 Uhr. Aber jetzt: Links oder rechts? Also an der Tankstelle gefragt: "Wo ist der Sportpark Moelenbeek?" Antwort: "In Heerde?" Schock! Kurze Nachfrage beim Tankwart. Rechts runter, nur noch ein paar hundert Meter. Also rechts weiter. Da kommt ein Sportplatz - alles leer. Dann ein zweiter. Das Tor ist zu, alles ruhig. Kurz danach kommt eine Karte von Heerde und Umgebung, der Sportpark ist eingezeichnet und genau da, wo ich gerade war. Also wieder zurück. Hinter dem zweiten Sportplatz liegt ein dritter, dahinter noch einer. Und da ist Leben. Nicht viel, aber immerhin.

Mittlerweile sind es nur noch 30 min bis zum Start. Das Rad an das Vereinsheim gelehnt und schnell zur Anmeldung. Mit 3 Euro unschlagbar preiswert, aber ein Hinweisschild wäre doch noch drin gewesen, oder?

Ab in die Umkleide. Mein T-Shirt ist total naß. Soll ich wirklich noch laufen? Ich bin doch jetzt schon fertig. Egal. Kurze Sachen angezogen, ein Banane, noch etwas trinken, noch 10 min zum Start.

Und nach dem Lauf wieder mit dem Rad zurück? Vielleicht kann mich ja jemand mitnehmen? Das Paar aus Kevelar hat zwar Platz für mich, aber nicht für mein Fahrrad. Aber Peter und Jutta aus Essen haben einen Kombi.

Der Stadionsprecher kündigt 40 Teilnehmer an, davon fast die Hälfte aus Deutschland.

Es geht los! Das Tempo ist gemütlich, verglichen mit anderen Läufen.

Mehr wie im Training. Also genug Zeit zum Quatschen. Peter stellt mir die anderen TeilnehmerInnen vor: "Da vorne ist die Deutsche Meisterin über 100 km." "Der war bei Lauf durch Australien dabei." Ich habe den Eindruck, er kennt sie alle. Wir ziehen unsere Kreise auf der 400 m Bahn. Am Rand steht ein Wohnwagen, wo zwei Frauen die Runden notieren.

Woanders steht ein Tisch mit teegefüllten Bechern sowie Bananenstücken.

Die Temperaturen sind angenehm - wer würde Ende Dezember mit sowas rechnen. Und regnen tut's auch nicht.


Es läuft.


Peter hatte vor kurzem einen Muskelfaserriß und steigt nach 3 Stunden wie geplant aus. Bis dahin war's weder besonders anstrengend noch langweilig. Aber so langsam merke ich schon, dass ich nicht mehr so furchtbar fit bin.

Nach 3:30 mache ich eine Pause, wechsele die Hose (jetzt lang), das Oberteil (hatte ich schon vorher auf lang gewechselt) sowie Schuhe und Strümpfe.

Peter Ludden   Jutta Jöhring
Peter und Jutta

Peter übernimmt die Trainer-Rolle: "Du mußt was trinken", "Eß noch eine Waffel", "Mach nicht zu viel Pause, gehe lieber etwas". Immer wieder suche ich mir jemanden, der mein Tempo läuft und mich über die Runden zieht. Aber immer wieder machen mein Mitläufer Pause, essen oder trinken etwas. Immer wieder laufe ich alleine, gehe mal wieder eine Runde oder eine halbe. Die Uhr an der Start- und Ziellinie zählt die 6 Stunden rückwärts. Irgendwann verschwindet die erste Ziffer. Ab da läuft's wieder besser. Es hat angefangen zu regnen, aber das stört nicht. Kaum noch Pausen, nur noch wenig Bananenstücke, nur noch etwas Cola. Noch 16 Runden, noch 10, das Ende naht.

Die Kraft reicht noch für einen Endspurt.


Ich hab's geschafft!


Beim Schlußschuß bleiben alle stehen, der Rest wird mit dem Laufrad vermessen.

Luft holen, ausruhen. Ich werde als Letzter vermessen, weil ich es fast noch bis ins Ziel geschafft habe.

Die Dusche ist warm - und wo kann man mal zusammen mit dem Sieger duschen.

Danach Siegerehrung im Vereinsheim, dazu ein Kaffee und eine Erbsensuppe.

Ich fühle mich besser als nach einem Marathon. Nicht ganz so ausgepumpt, nicht so kraftlos.

Auf den mir angebotenen Sekt verzichte ich trotzdem.

Platz 13 mit 59.161 Metern - damit bin ich sehr zufrieden.

Die Rückfahrt gestaltet sich deutlich einfacher als die Hinfahrt: Peter fährt uns bis Essen. Da laden er und Jutta ihre Sachen aus. Jutta fährt dann noch weiter bis nach Bonn und läßt mich am Bahnhof Köln-Deutz raus.

Kurz nach 24 Uhr bin ich in Aachen. Leicht erschöpft, aber ganz okay.

Nur mit einer kleinen Blase hatte ich zu kämpfen. An der Hand, vom Fahrrad fahren.

Ich habe gelernt, dass die Ultras eine verdammt nette Familie sind, die ich bestimmt noch mal wiedersehen werde.

Und bei Peter und Jutta möchte ich mich 1000 Mal bedanken. Ohne sie wäre mir der Tag nicht halb so schön in Erinnerung.

 

Helmut




Ergebnisse des 6-Stunden-Laufs in Heerde (NL) am 28.12.2002


Oleg HudoiarovMMol80.690 m
Karl GrafMGer80.464 m
Tom HendriksMNed74.038 m
Ulrich ScharrenbergMGer68.060 m
Peter SuijkerbuijkMNed67.747 m
Cor WesthuisMNed65.638 m
Koos RademakerMNed64.080 m
Lex de BoerMNed63.267 m
Rainer KochMGer62.822 m
Cees van der WoudeMNed60.750 m
Ria BuitenWNed60.389 m
Peter WasserMGer60.038 m
Helmut HardyMGer59.161 m
Hinrick KlugkistMNed58.619 m
Karl-Heinz KobusMGer58.511 m
Jan BogaardMNed58.188 m
Uwe SchwensfeierMGer57.824 m
Ben MolMNed56.347 m
Jos AkkermansMNed56.008 m
Henk HoekertMNed55.819 m
Egbert van der MolenMNed55.001 m
Cornelia BulligWGer54.911 m
Else BayerWGer53.437 m
Martin BayerMGer52.328 m
Martin DebenerMGer52.081 m
Harry KoersMNed51.638 m
Andre van der VliertMNed51.200 m
Ineke SchefferWNed48.945 m
Teun BogaardMNed48.588 m
Rob TielemanMNed47.600 m
Ingeborg KriegerWGer46.547 m
Paul EngelsMGer39.200 m
Peter LuddenMGer31.600 m
Jutta JoehringWGer31.200 m
Jan van RaalteMNed27.600 m
Axel WillauschusMGer26.000 m
Ruud JakobsMNed24.800 m
Jan-Willem DijkgraafMNed24.800 m
Thijs RoestMNed23.200 m
Kees KeizerMNed15.600 m