Bericht vom Paris-Marathon (4.4.2004)

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Nachdem es bis zum Frühstück ordentlich geregnet hat, riss der Himmel pünktlich zum Verlassen des Hotels auf. Es blieb glücklicherweise den ganzen Tag trocken, meistens bedeckt und nur wenig windig bei 13 °C. Kurz: Ideale Bedingungen.

Nur die Anzahl der Zuschauer ließ für einen so großen Marathon (rd. 32.000 Starter) doch arg zu wünschen übrig. Offiziell waren es nur 150.000 :-( . Immerhin zeigten diese "Wenigen", die wohl für Pariser Verhältnisse früh aufgestanden sind (Start um 8:45 Uhr), ausreichend Begeisterung.

Die Strecke selbst finde ich nicht so schön wie London oder Berlin. Höhepunkt ist eigentlich schon der Start oben auf dem Champs Elysées mit dem Triumphbogen im Rücken. Dann geht es runter zum Place de la Concorde, einmal um den Obelisken rum (= erster Engpass) und dann am Louvre vorbei noch Osten. Nach Bastille und Place de la Nation geht es bei km 10 in ein unspektakuläres Parkgelände, in dem man das 2. Viertel abreißt. Dann wieder zurück nach Westen der Seine entlang bis km 32 (einige Unterführungen rauf/runter). Zwischendurch gegenüber der Eiffelturm, der aussieht, als ob er die Nacht durchgemacht hätte. Die letzten 10 km rennt man wieder in einem unspektakulären Parkgelände rum, für das ich zu diesem Zeitpunkt auch nur noch wenig Interesse hatte ;-). Wenn man aus dem Park rauskommt, ist man direkt schon auf der Avenue Foch und läuft die letzten 200 m zum Ziel. Der Triumpfbogen, auf den ich so gerne triumphierend zulaufen wollte, sieht man von dort leider nicht richtig...

Insgesamt ist die Strecke einigermaßen flach, aber man könnte deutlich mehr Pariser Attraktionen einbauen (20 km führen nur durch Grüngelände!). Auch die Startzeit ist u.a. wegen einer Fernsehübertragung arg früh. Alles Zugeständnisse an den Straßenverkehr, den man wenig beeinträchtigen möchte.

Die km-Markierungen sind gut erkennbar, und die blaue Linie ist in Paris aus unerfindlichen Gründen gelb!

Lob: Für den Start gab es Kunststoff-Hemden, die bei Regen sicher gut gewesen wären - jedenfalls besser als "gelbe Säcke". Insgesamt war die Verpflegung gut (Bananen, Orangen, Vittel in verschüttungsarmen 0,3 l-Flaschen, Rosinen und Zuckerwürfel(!), bei km 30 sogar überraschend PowerGel(!!!). Zusätzlich reichte man irgendwas in Bechern, das ich aber nicht getrunken habe. Leider gibt es nur alle 5 km Nachschub, was bei viel Sonne für langsamere Läufer ein Problem werden kann. Im Ziel gab es statt Folien Plastik-Ponchos mit Kaputze (!), die den perfekten Wegwerf-Regenschutz für die Startaufstellung bei schlechtem Wetter darstellen.

Kritik: Die Kleiderbeutel waren schlecht organisiert: Es gab keine! In den Unterlagen dafür einen schwachen Hinweis, dass man irgendwo im Ziel irgendwas abgeben könne. Die Behältnisse dafür muss man selber stellen und kennzeichnen. Also hier wäre eine deutliche Verbesserung mit wenig Aufwand möglich. Und der ChampionChip MUSS vom Veranstalter genommen werden - einen eigenen DARF man nicht mitbringen. Was soll das?

Für mich selbst lief das Rennen gut (2:58:52). Starten durfte ich im ersten Block, d.h. rund 20 m hinter der Linie. Trotzdem war es bis zum Halbmarathon ziemlich voll. Selbst als ich dort die 3-Std.-Pacer (drei Stück!), um die sich große Läufertrauben scharten, endlich überholt hatte, wurde es nur wenig leerer. In den Unterlagen stand, dass Paris der Marathon mit den weltweit meisten Läufern unter 3 Stunden ist. Das war deutlich zu merken: In London war ich mit ebenfalls 2:58er Zeit knapp 800ster, in Paris knapp 1.500ster!

Abgesehen von Verzögerungen an den Verpflegungsstationen konnte ich die Geschwindigkeit gut halten, musste dafür aber ab km 33 zunehmend kämpfen. Das Letzte habe ich dann nicht mehr rausgeholt, denn meine Zielzeit war sicher zu erreichen und für ein oder zwei Minuten wollte ich nichts im Bewegungsapparat kaputt machen (Berlin ließ grüßen). Dafür blieb der Muskelkater der nächsten Tage dann auch deutlich hinter dem von London und Berlin zurück, was das Sightseeing nach dem Wettkampf spürbar entspannter machte.

Insgesamt ist der Paris-Marathon empfehlenswert, wenn man ihn mit einem verlängerten Paris-Wochenende kombiniert. Der Lauf selbst steht hinter London oder Berlin deutlich zurück - aber was kann schon mit einem Zieleinlauf durch das Brandenburger Tor konkurrieren? Vielleicht das Olympiastadion von Stockholm oder der Central Park in New York, aber von denen kann ich erst später berichten.


Thomas Liese