Bericht vom 7. Eifelmarathon in Biersdorf (23.5.2004)

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"Hölle der Eifel", "Hochgebirgskurs", "eine der schwierigsten deutschen Marathonstrecken", "Hochgebirgspfade, die man am besten mit einem Bergsteigerseil überwinden würde", ...; so der Marathon-VORbericht, den ich zum Glück erst NACH dem Lauf gelesen habe. Sonst hätte ich mir vielleicht einen anderen Marathon ausgesucht.

In der Tat war ich etwas naiv an die Sache rangegangen: ich suchte um Mitte Mai einen Marathon in Heimatnähe und mir fiel ein, dass es da diesen Eifelmarathon mit Start in Biersdorf am Bitburger Stausee gab. Das traf sich gut, denn das war der Marathon in der Eifel, der mir noch fehlte (Rursee und Monschau waren schon "abgehakt"). Außerdem, so dachte ich mir, ein Marathon um einen See, der wird wohl einigermaßen flach sein! War er dann auch, zumindest auf den ersten vier Kilometern.

Aber der Reihe nach: die erste Überraschung des Tages brachte das Wetter. Morgens nach dem Aufstehen verkündete der Wetterbericht um 4.30 Uhr "ganztägig sonniges und trockenes Wetter bei 10 bis 16 Grad", optimale Bedingungen also. Da muss sich aber noch was tun, dachte ich mir, als ich unter meinem Regenschirm zum Auto ging. Und als auf der Autofahrt durch die belgischen Ardennen Richtung Bitburg der Regen nur so gegen die Windschutzscheibe prasselte, begann ich darüber nachzudenken, ob ich wohl die richtige Laufkleidung im Gepäck hatte.

Beim Startpunkt in Biersdorf dann trotz Regen optimale Vorstartbedingungen: Umkleideräume, Toiletten, Duschen, Schwimmbad, Massagemöglichkeiten im Dorint Resort Sporthotel, unbürokratische reibungslose Organisation, kleine überschaubare Läufergemeinschaft (ca. 300). Kein Problem also, Sylvie zu finden, die schon mit ihrem "Fanclub" (ihr Mann Vincent) drei Tage vorher angereist war, um sich zu akklimatisieren.

Beim Start dann nicht das übliche Gedränge, wer am weitesten vorne stehen darf, im Gegenteil, direkt an der Startlinie blieb noch Platz frei, weil sich alle bescheiden im Hintergrund hielten.

Dann die ersten vier Kilometer um den See, so ziemlich die einzig flachen des gesamten Laufs, nochmaliger Lauf durch den Startbereich, Vincent schießt seine ersten Fotos, und ab geht's ins Gebirge! Erster steiler Anstieg, dann erstes Highlight: Eine Gruppe Hornbläser spielt auf beim Lauf durch das mittlelalterliche Tor in den Burghof von Schloss Hamm; da denkt man, man hebt ab!

Ralf
Ralf noch frohen Mutes

560 Höhenmeter müssten nicht so schlimm sein, wären sie nur anders verteilt. Beim Eifelmarathon allerdings kann man einige Steigungen nur gehend bewältigen; und auch bergab läuft's oft nicht wirklich, denn die Kombination aus starkem Gefälle, Geröll und Geschwindigkeit kann fatale Folgen haben. Ansonsten: schmale Pfade, mit hohem Gras überwucherte Feldwege mit eingetrockneten Treckerspuren darunter, herausstehende Steine, zu querende Bäche, immer wieder auch Asphaltabschnitte. Das ganze immer entweder rauf oder runter.

Ich überhole ein Läuferpärchen, sie hat ihre Hände in den langen Ärmeln versteckt, ich frage sie, ob ihr kalt sei und als sie bejaht, versuche ich es mit einem Scherz, der nicht wirklich ankommt: "...dann müsst ihr eben schneller laufen". Beide lächeln etwas mitleidig, er erwidert: "Wir teilen uns unsere Kräfte etwas ein, wir wissen, was noch kommt"!

Sylvie
Sylvie trinkt

Ab Kilometer 12, inzwischen war die angekündigte Sonne herausgekommen, begannen dann meine Schwierigkeiten: etwas drückte und scheuerte am Innenspann bei beiden Füßen. Nie hatte ich jemals vorher bei einem Lauf Probleme mit Füßen oder Schuhen, jetzt ging's richtig los. Immer wieder schnürte ich meine Schuhe enger oder weiter oder auch komplett anders, es half nichts, ab km 15 lief ich nur noch unter Schmerzen an beiden Füßen, die immer stärker wurden. Nach und nach wurde mir klar: bei km 21 an der Wendestelle im Dorf Waxweiler musst du wohl aussteigen, zum ersten Mal bei einem Lauf.

Da stand er, der Rote-Kreuz-Wagen, eine Frau vor mir ging schon aus dem Lauf, wurde von den Sanitätern auch freundlich aufgenommen, in eine Decke gehüllt, im Wagen mit Getränken versorgt, hatte die Aussicht, zum Ziel gefahren zu werden. Ich brauchte mich nur daneben zu setzen und ... lief weiter!

Es war eigentlich Wahnsinn, doch kurze Zeit später wurde ich schon belohnt; bei der Halbmarathon-Marke in Waxweiler war's schon wie im Ziel: wir liefen durch ein Tor, jeder Läufer wurde vom Moderator am Mikrofon mit Namen durchgesagt, die Menge jubelte, meine Schmerzen waren (kurz) vergessen. Und Vincent, mit dem war's wie beim Hasen und beim Igel, wo wir auch hinkamen, war er schon da und machte Fotos.

Ralf  Sylvie
Ralf und Sylvie unterwegs

Ich hatte neue Kraft getankt, ließ die Schmerzen Schmerzen sein und genoss mehr und mehr die Landschaft; denn die ist die Belohnung für die Anstrengung. "Unverfälschte Natur", "eine der schönsten Strecken Deutschlands", "atemberaubend zieht sich die idyllische Strecke durch das romantische Prümtal" ...; auch dies steht im oben schon zitierten Marathon-Vorbericht, und eigentlich ist's noch schöner.

Und zurück ging's, teils über schon bekannte ("ach Gott, gleich kommt doch die Stelle ..."), teils über neue Teilstrecken, und ich erreichte das Ziel, und irgendwie hatten mich die Schmerzen wohl angetrieben, denn eine Zeit von 3:45 hatte ich bei dieser Strecke für mich nicht für möglich gehalten.

Kurz nach mir kam dann schon Sylvie ins Ziel, es war ihr zweiter Marathon und sie "machte" ihn als erste ihrer Alterklasse! Glückwunsch, Sylvie! Vincent, klar, der war sowieso schon da und machte die Zielfotos.

Auch im Ziel wurde natürlich jede Läuferin und jeder Läufer namentlich genannt und vor allem von der sehr charmanten Vorsitzenden des "Eifelmarathons e.V." Hiltrud Krames in Empfang genommen und mit Medaillen behängt.

Und noch 'ne Überraschung; ich wurde über Lautsprecher noch mal zum Zieltor gerufen, denn ich hatte einen Hauptpreis in der Tombola gewonnen: nein, keine Baggerfahrt, sondern eine Busfahrt durch die Eifel, für zwei Personen von Bitburg nach Trier zu einem Konzert der Kastelruther Spatzen in der TrierArena. Vielleicht, und da wären wir wieder am Anfang des Berichts, hätte ich mir doch einen anderen Marathon aussuchen sollen.

Und zum Schluss noch zwei ganz dicke Überraschungseier: als ich mit schmerzverzerrtem Gesicht meine Laufschuhe ausziehe, da blinken sie in der nun kräftig scheinenden Sonne: zwei prächtige Blasen von mehreren Zentimetern Länge!


Ralf


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