Erlebnisbericht vom Essen-Marathon (Baldeneysee) am 9.10.2005

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Mein Marathon-Debüt in Essen am 9. Oktober 2005

Der Baldeneysee
Der Baldeneysee

Wir sind einen Tag vor dem Marathon in Essen angekommen, mit dem Ziel die Startunterlagen rechtzeitig abzuholen. Meine Laune war jedoch nicht sonderlich gut, weil es einen „Personenunfall“ in Mülheim an der Ruhr gab und wir lange im Zug auf die Weiterfahrt warten mussten, irgendwie war das kein guter Anfang, dachte ich…

Wir haben es dann 15 Minuten vor Schluss doch noch geschafft, die Unterlagen abzuholen und eine nette Frau aus dem Organisationsteam von Tusem hat uns sogar ins Hotel gefahren.

Am nächsten Tag nach einer halbwegs ruhigen Nacht im Hotel, sind mein Mann und ich mit dem Taxi zum Baldeneysee gefahren. Das Wetter war super, es war sonnig und um die 22°C. Leider hatte ich latente Kopfschmerzen, die trotz Medikamenten nicht abgeklungen waren, die Anspannung war nicht zuletzt daran schuld.

Am Start
Seval etwas verloren kurz vor dem Startschuss

Während ich mir immer wieder ins Gedächtnis gerufen habe, nicht zu schnell loszulaufen, musste ich schmunzelnd meinen Mann beruhigen, er war aufgeregter als ich. Ich habe mich hinter die Zugläufer der Zielzeit 4.15 platziert und dann fiel der Startschuss. Anfangs war ich wie beflügelt und musste mich etwas bremsen. Ich bin die ersten 5km um die 6min/km gelaufen, und dann fühlte ich mich fit genug um mein geplantes MT-Tempo zu laufen. Die Kopfschmerzen haben mich fast 30km begleitet, aber ich habe sie versucht zu ignorieren. Ich hatte bewusst keine Pulsuhr mitgenommen, weil mich das irritiert hätte, denn ich fühlte, dass der Puls anfangs sehr hoch war. Während ich Ausschau nach den 4h-Zugläufern hielt, klemmte ich mich hinter ein locker trabendes Duo. Die ersten 15 km vergingen wie im Flug, ich hatte vergessen, meine geplanten Zwischenzeiten auf meiner Hand zu notieren, deshalb war ich unsicher, welches Tempo ich gerade lief. Aber ich hatte ein gutes Bauchgefühl.

An den Verpflegungsstationen nahm ich nur Wasser zu mir und nach den ersten 10km aß ich ein kleines Stück Banane. Ich hoffte einfach darauf, dass ich in den letzten 6 Monaten meinen Fettstoffwechsel ausreichend trainiert hatte und es hat zum Glück auch funktioniert. Es gab Isodrinks, Tee, Wasser, Limonade und Bananen. Da es außerdem relativ warm war, wurden auch nasse Schwämme angeboten. Ich nahm mir immer zwei Becher Wasser mit und versuchte beim Laufen zu trinken, was gar nicht so einfach war, den Rest schüttete ich mir auf Hals und Nacken, denn es war spürbar wärmer geworden.

Dann endlich hatte ich die 21km-Marke erreicht, 1:59 zeigte die Uhr an. Die Strecke um den Baldeneysee ist vollständig asphaltiert und weitgehend flach, wofür ich vor allem in der zweiten Hälfte des Marathons sehr dankbar war. Ich fühlte mich immer besser und kam so langsam in Fahrt, so dass die Aufregung fast komplett nachließ und ich endlich auch die Aussicht in Ruhe genießen konnte. Beim Essen-Marathon läuft man zwei Runden um den wunderschönen Baldeneysee. Ich beobachtete die Segler und die Angler und hatte viel Zeit nachzudenken und die letzten Monate Training Revue passieren zu lassen. Hin und wieder rissen mich die jubelnden Zuschauer aus meinen Gedanken und ich war gegen Ende wirklich dankbar für die tolle Stimmung und die motivierenden Zurufe der Leute. Inzwischen hatte ich zu den 4h-Zugläufern aufgerückt und lief einige Kilometer mit. Ich fiel jedoch ab und zu etwas zurück. Dann tauchte die 30km-Marke auf und ich fing an, mich gedanklich auf einen möglichen Einbruch vorzubereiten, quasi die von allen Läufern gefürchtete „Wand“.

Gut unterwegs
Gut unterwegs

Dass die Kopfschmerzen langsam nachließen, gab mir Mut und die „Wand“ kam nicht, auch nicht nach 35 km, da lief ich gerade an meinem Mann vorbei, der krampfhaft versuchte ein Foto von mir, der immer noch strahlenden Seval zu machen. Ich warf ihm lachend eine Kusshand zu und lief beflügelt weiter. Dann allmählich nach ca. 2km wurden meine Beine etwas schwerer und ich fühlte, dass meine Zehen am linken Fuß etwas lädiert waren, aber ich war so froh, dass mich der „Mann mit dem Hammer“ verschont hatte. Ich hatte es inzwischen vollkommen aufgegeben, auf meine Zeit zu achten, ich verließ mich ganz auf mein Körpergefühl. Ganz langsam kroch ein Gefühl der Ermüdung meine Beine hoch. Die letzten 5km hatte ich das Gefühl, dass jeder Kilometer doppelt so lang war. Etwas erschreckt haben mich auch die Szenarien auf der Endstrecke: Ein Läufer lief inzwischen barfüßig mit den Schuhen in der Hand, weil seine Fersen blutig waren, er hatte wohl den Fehler gemacht, keine Socken anzuziehen, dann kurz darauf stürzte ein Läufer und immer wieder kamen mir LäuferInnen entgegen, die ihre Startnummern abgenommen und es aufgegeben hatten. Bei Kilometer 40 habe ich dann meine restlichen Reserven mobilisiert, weil mir klar wurde, dass ich mit ein wenig Disziplin unter 4 Stunden ins Ziel kommen kann. Ich überholte die 4h-Zugläufer und schleppte mich in Richtung der Lautsprecherstimme. Ich lief an meinem jubelnden Mann und den inzwischen angekommenen Freunden vorbei und lief die letzten 195 Meter bis zum Ziel. Ich hatte eigentlich vorgehabt, lächelnd ins Ziel zu laufen, aber ich hab´s wohl einfach vor Erleichterung vergessen. Meine Zeit: 3:57

Seval fast am Ziel
Seval fast am Ziel

Wenige Meter vor dem Ziel sehe ich nicht besonders erfreut aus, aber Spaß gemacht hat es trotzdem ; )

Tja, kurze Zeit später meldeten sich die Kopfschmerzen wieder zurück, aber das war schon okay, denn ich war im wichtigsten Teil der Strecke von ihnen verschont geblieben. Die erwartete Euphorie über meinen ersten Marathon stellte sich erst nach einer warmen Dusche, zwei Bananen, viel Wasser (ich hatte einen riesigen Durst), und zwei Aspirin ein. Und eins ist klar: Es wird nicht mein letzter Marathon bleiben!

 

Seval



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